Nachfolgereport Sachsen-Anhalt 2023Land bald ohne Unternehmer? Es ist fünf vor zwölf!
Die Unternehmensnachfolge ist eine der größten wirtschaftspolitischen Herausforderungen nicht nur in Sachsen-Anhalt. Das Netzwerk Unternehmensnachfolge Sachsen-Anhalt - eine Gemeinschaftsinitiative der Handwerkskammern und der Industrie- und Handelskammern Sachsen-Anhalts – präsentiert die Ergebnisse des ersten gemeinsamen Nachfolgereports für Sachsen-Anhalt.
Der Nachfolgereport für Sachsen-Anhalt 2023 beleuchtet die Nachfolge und die Entwicklung des Unternehmensbestandes in der Region von 2018 bis 2022. Diese Analyse wirft einen tiefen Blick auf die Herausforderungen und notwendigen Rahmenbedingungen für Unternehmen und Politik sowie auf die realistische Chance sein Unternehmen in Zukunft erfolgreich an die nächste Generation weiterzugeben.
Die wichtigsten Ergebnisse des Nachfolgereports Sachsen-Anhalt:
- Von 2023 bis 2030 werden mehr als 12.500 Einzelunternehmer das Rentenalter erreichen.
- Hochgerechnet auf den Gesamtunternehmensbestand stehen damit in Sachsen-Anhalt bis 2030 mindestens 10.600 Übergaben von Unternehmen und Gesellschaftsanteilen an, davon etwa 6.100 bei Einzelunternehmen.
- Derzeit liegt der rechnerische Bedarf an Unternehmensnachfolgen bei 635 Übergaben, 2030 werden es über 900 sein. Bei der derzeitigen Erfolgsquote von 77,3 Prozent bräuchte es demzufolge 700 Nachfolgegründungen, um das gegenwärtige Niveau zu halten. Dies entspricht einem Anteil von knapp 14 Prozent an den Neugründungen, der derzeit bezogen auf Einzelunternehmen bei 9,3 Prozent liegt.
- Das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt prognostizierte 2021 einen Rückgang der Bevölkerung des Landes auf unter zwei Mio. Einwohner bis 2030. Dies entspricht einem Verlust von 7,8 Prozent gegenüber dem Prognosejahr 2021. Dem Nachfolgereport zufolge wird die Zahl der Unternehmensinhaber in Sachsen Anhalt im selben Zeitraum jedoch viel stärker, nämlich um 20 Prozent, schrumpfen. Damit würden dann 17.000 Unternehmen weniger als heute existieren.
- Um die derzeit vorhandene Unternehmensdichte zu halten, wären in Sachsen-Anhalt bei sinkender Bevölkerungszahl jährlich mindestens 6.164 nachhaltige Gründungen von Einzelunternehmern, die bis zum Erreichen des Rentenalters Bestand haben müssten, erforderlich. Das sind 15,5 Prozent mehr als im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre.
Um den zukünftigen Bedarf an Unternehmensnachfolgen annähernd decken zu können, bedarf es einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Politik, Wirtschaftsförderung, Kammern, Verbänden, Finanzinstituten und auch der Wirtschaft selbst.
Antje Bauer, Sprecherin des Netzwerkes Unternehmensnachfolge Sachsen-Anhalt (N:UN)
"In den vergangenen Jahren ist es uns gelungen, den Anteil von Nachfolgegründungen im Gründungsgeschehen Sachsen-Anhalts kontinuierlich zu steigern. Diese positive Entwicklung ist jedoch bei weitem nicht ausreichend, um den wachsenden Bedarf an Unternehmensnachfolgen bis zum Ende des Jahrzehnts zu decken", erklärt Antje Bauer, Sprecherin des Netzwerkes. Hinzu kämen Liquiditätsprobleme, ein verändertes Kundenverhalten, Inflation, der Mangel an Arbeitskräften und qualifizierten Fachkräften in Verbindung mit steigenden Personalkosten sowie hohe und steigende Energiekosten, die immer mehr Inhaber vor allem kleinerer Betriebe veranlassten, eher über eine Schließung als über eine Nachfolge nachzudenken. "Das betrifft auch viele Handwerksbetriebe. Hier sind 61 Prozent der Inhaber älter als 50 Jahre. Deren Geschäft müsste in den nächsten 15 Jahren an die Nachfolgegeneration übergeben werden. Angesichts des fehlenden Nachwuchses wird dies von Jahr zu Jahr schwieriger werden", ergänzt Dorit Zieler, Abteilungsleiterin Betriebsberatung der Handwerkskammer Magdeburg.
Forderungen an Entscheidungsträger
Anhand der Ergebnisse des ersten "Nachfolgereports" formuliert das Netzwerk Unternehmensnachfolge deutliche Forderungen an die Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene: "Um den zukünftigen Bedarf an Unternehmensnachfolgen annähernd decken zu können, bedarf es einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Politik, Wirtschaftsförderung, Kammern, Verbänden, Finanzinstituten und auch der Wirtschaft selbst", so Bauer. Dazu müssen Beratungen vom Land wieder gefördert, Bürokratie auf das notwendige Mindestmaß beschränkt und Steuerlasten gemindert werden. Vor allem bräuchte es aber mehr Gründungswillige. Dorit Zieler ergänzt: "Der Schritt in die Selbstständigkeit muss erstrebenswert sein, dazu benötigen wir mehr Unternehmergeist und ein wirtschaftsfreundliches Sachsen-Anhalt, nicht nur für High-Tech sondern vor allem für den Handwerker von nebenan."
Das Netzwerk Unternehmensnachfolge selbst leiste seinen Beitrag dafür. Es unterstützt Seniorunternehmer und Nachfolgeinteressierte gemeinsam mit Beratungs- und Finanzierungspartnern durch Information und Expertenrat. Außerdem organisiert es Matchings als Regionalpartner der bundesweiten Unternehmensbörse nexxt-change sowie über einen im vergangenen Jahr zusätzlich aufgebauten gemeinsamen Nachfolgerpool.
Hintergrund: Das im Jahr 2007 ins Leben gerufene Netzwerk Unternehmensnachfolge Sachsen- Anhalt ist eine Gemeinschaftsinitiative der Handwerkskammern Halle (Saale) und Magdeburg und der Industrie- und Handelskammern Halle-Dessau und Magdeburg. Nähere Informationen zum Netzwerk und dessen Aktivitäten sind auch im Internet verfügbar: unter: www.unternehmensnachfolge-lsa.de
Ansprechperson für Betriebsnachfolge:
Handwerkskammer Magdeburg Fotoatelier Mentzel
Abteilungsleiterin Betriebsberatung/Unternehmensförderung
Tel. 0391 6268-276
Fax 0391 6268-110
Handwerkskammer Magdeburg Fotoatelier Mentzel
Betriebsberaterin Zertifizierte Mediatorin
Tel. 0391 6268-214
Fax 0391 6268-110
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