Tischlermeister: Mit viel Liebe zum Holz
Der Vater betreibt ein kleines Sägewerk, der Onkel ist Tischler: Von Kindesbeinen an ist der Osterburger Richard Sasse von Holz umgeben. Nach dem Abi reist und arbeitet er in Australien, Südostasien und Russland und trifft dort den Holz-Designer und Architekten Dennis Disterheft, mit dem er später, während seines Studiums der Kulturwissenschaften in Magdeburg, mit Holz-Objekten experimentiert. Nach dem Bachelor folgt eine Ausbildung als Sonderpädagoge in Hamburg und dann die Arbeit in einer Holzerlebniswerkstatt einer heilpädagogischen Praxis in Stendal.
Sasses Liebe zum Holz wächst genauso wie sein Wunsch, dauerhaft auf dem Mehrgenerationenhof seiner Familie in Osterburg zu arbeiten und zu leben. Dort, wo seine Wurzeln sind. Neben dem Sägewerk und einem integrativen Baubetrieb führen seine Eltern und die Familie seiner Schwester auf dem Gelände einer ehemaligen Ziegelei auch einen landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb. Mit Kulturwissenschaft oder Heilpädagogik wäre ich da nicht weitergekommen „Mit Kulturwissenschaft oder Heilpädagogik wäre ich da nicht weitergekommen“, reflektiert Richard Sasse seinen Denkprozess.
Als er dann Tischlermeister Thomas Haubelt kennenlernt, entschließt er sich, das Holzhandwerk von der Pike auf zu lernen. Er absolviert in Groß Garz eine Ausbildung zum Tischler, macht Auslandspraktika in Japan und der Schweiz und geht mit dem Gesellenbrief direkt zur Meisterausbildung nach Berlin.
Im Januar 2019 gründet Richard Sasse - mit Unterstützung der Handwerkskammer und der Meistergründungsprämie - auf dem heimatlichen Hof seine eigene Tischlerei. Klein, aber fein. „Ich habe mich auf individuelle Möbel aus regionalen Hölzern spezialisiert“, berichtet er beim Rundgang übers Gelände. Aus Eiche, Kiefer, Ulme, Esche baut er Tische, Türen oder Regale. Kurze Wege vom Baum zum Bett. Seine Zielgruppe sind Menschen, die sich bewusst und nachhaltig einrichten. „Aus Liebe zum Holz“ ist der Leitspruch auf seiner Homepage - das passt.
Das Geschäft ist gut angelaufen. Im Stadtzentrum von Osterburg hat Richard Sasse eine Konditorei ausgestattet. Für die Kirchtürme der Umgebung baut er Schall-Luken. Es gibt viel zu tun für den 33-Jährigen. „Ich habe positiven Stress. Es gefällt mir gut, Verantwortung zu tragen. Es ist schön, wie es ist“, sagt der Tischlermeister, der jetzt auch einen Lehrling hat. Von ihm fordert er, wie von sich selbst, viel ein: „Unser Handwerk braucht ein Höchstmaß an Genauigkeit. Was wir tun, muss auf den Punkt stimmen.“
Richard Sasse ist als Jung-Unternehmer mit Frau und Kind aufs Land gezogen, um zu bleiben. Gemeinsam mit Gleichgesinnten möchte er in der Region etwas bewegen, für Nachhaltigkeit, interkulturellen Austausch und Integration werben - und natürlich für das Handwerk. „Ich hätte keine Scheu, dafür auch an die Uni zu gehen. Wenn jemand das passende Studium gefunden hat und damit zufrieden ist - wunderbar. Unschlüssige Erstsemester jedoch finden zunächst über das Handwerk einen spannenden Weg zu sich und den eigenen Schwächen und Stärken und können dann mit Überzeugung und selbstbewusster in den passenden Beruf oder ein Studium gehen. Das Handwerk bietet in jedem Fall eine Win-Win-Situation“, ist Richard Sasse überzeugt.