Obermeister mit Visionen
Der neue Obermeister der Innung des Friseurhandwerks Halberstadt Oliver Kantelhardt will mit seiner Innungsarbeit das Image seiner Branche bei jungen Leuten verbessern. Das Konkurrenzdenken unter den Friseuren hält er für kontraproduktiv.
Keine riesigen Werbeplakate mit neuen Frisuren und Shampoos, der Friseursalon von Oliver Kantelhardt in der Halberstädter Klusstraße wirkt eher wie ein gemütliches Wohnzimmer. „Genau diese Wohlfühlatmosphäre wollen wir, der Kunde soll von seinem Stresslevel runterkommen.“
Er sagt geradeheraus, dass er es ohne seine Frau Grit, die mit ihm im Salon steht, nicht geschaff t hätte. Fünf Jahre schnitt und wusch er in der Thomas-Müntzer-Straße, bevor er vor einem Jahrzehnt in die Klusstraße zog. In diesem Jahr werden es 20 Jahre, dass er sich mit dem Meisterbrief schmücken kann. Freimütig erzählt der 45-Jährige über die Wendewirren, die ihn zur Ausbildung nach Wolfenbüttel führten. Seine Erkenntnis: Auch dort wurde nur mit Wasser gekocht.
Er wusste, worauf er sich einließ. Seine Mutter hat in Zilly ihr eigenes Geschäft. Vor seiner Selbstständigkeit hat er in sehr viele Friseurläden reingeschnuppert: als Fachtrainer. Neue Schnitte, innovative Produkte und Schulungen, um Anwendungsfehler zu vermeiden, waren sein täglicher Job.
Oliver Kantelhardt hat genaue Vorstellungen, wie es weitergehen muss in der Branche. Die braucht er auch, denn gerade hat er das Amt des Obermeisters der Innung des Friseurhandwerks mit Sitz in Halberstadt übernommen. „Die Branche muss für junge Leute attraktiver werden, die Qualität passen. Die Schnippelbuden versauen das Image.“ Darin sieht er eine Aufgabe der Innung und besonders der Politik. Wer könne mit 40 Stunden Wochenarbeitszeit beim Mindestlohn eine Familie ernähren, wenn das Zuhause bleiben kaum weniger Geld unterm Strich bringt.
Für die Zukunft sieht Oliver Kantelhardt ein Sterben von Betrieben, das aber mit erhöhtem Niveau der handwerklichen Leistungen ausgeglichen werden solle. Die Gründung von Barbierläden sieht er gelassen. Fragt sich aber auch, warum in den typischen Friseur-Salons solche Bartpflege-Leistungen weniger gewünscht werden. Das Elend der Branche zeichne sich nicht nur bei den fehlenden Auszubildenden ab. „Bei der Meisterfeier im April waren aus dem Harzkreis nur drei neue Meister dabei.“
Ihm ist wichtig, dass alle Friseure auf dem aktuellen Stand sind, um den Kunden vor schlechten Vertretern des Berufes zu bewahren. „Mir ist wichtig, dass endlich das Konkurrenzdenken aufhört und miteinander gearbeitet wird. In der Innung lässt sich die Ausbildung besser koordinieren oder gute Konditionen für die Betriebe aushandeln.“ (UWE KRAUS)
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OBERMEISTER
DIE Obermeister sind die Vorsitzenden der Innungen. Ehrernamtlich vertreten sie die Interessen der einzelnen Gewerke in ihrer Region. Im Handwerkskammerbezirk Magdeburg gibt es derzeit 102 Innungen.