Wie ein junger Dresdener sich in Seehausen (Altmark) als Uhrmacher niederlässt und seine Erfüllung zwischen Taschen- und Turmuhren findetEin 22-jähriger Uhrmacher am Puls der Zeit
Da steht man nun inmitten der Altmark – genaugenommen in Seehausen am Markt – und blickt rundum auf altes Fachwerk und eine um das 12. Jahrhundert erbaute Kirche. Schön beschaulich und vor allem sehr ruhig. Hier also lebt und arbeitet der 22-jährige Carl Robra, ein junger Uhrmacher aus Dresden, der kaputten und historischen Uhren wieder Leben einhaucht. Der Betrieb Uhren-Haut gehört seinem Opa Günther Haut, der diesen bereits in dritter Generation führt. Uhrenliebhaber aus ganz Deutschland bringen ihre Lieblingsstücke hierher. Aber nicht nur das, der Uhrmacherbetrieb ist weit über die Landesgrenzen hinweg bekannt. Günther Haut zog es bereits zwölf Mal nach St. Petersburg, um die wertvollen Uhren in der Eremitage – einem der bedeutendsten Kunstmuseen der Welt – wieder instand zu setzen, oder nach Indien, um sich um die private Uhrensammlung eines Maharadschas zu kümmern. Seehausen liegt also definitiv am Puls der Zeit, zumindest für Uhrenliebhaber.
Carl Robra wuchs mit dem Uhrmacherhandwerk auf. Es faszinierte ihn, Mechaniken auseinanderzunehmen und später wieder richtig zusammenzusetzen. „Den beruflichen Findungsprozess habe ich eigentlich übersprungen. Ich wusste, dass ich nach meinem Abitur Uhrmacher werden wollte“, erzählt er. Seine dreijährige Ausbildung absolvierte er im Familienbetrieb, für die Theorie musste er aber weit nach Glashütte fahren. Er lernte die Reparatur und Anfertigung von Teilen für Großuhren, Taschenuhren oder Armbanduhren kennen. Als das Angebot von Günther Haut kam, im Familienbetrieb zu arbeiten, ergriff er die Chance.
"Ich halte jedes Mal ein Stück Geschichte in den Händen."
Carl Robra
Heute arbeiten Opa und Enkel gemeinsam in der Werkstatt – dem Herzstück des Betriebs. Der langgezogene Raum mit mehreren Arbeitsplätzen ist hell und sortiert, hier liegen alle Zahnrädchen, Wellen und Werkzeuge an ihrem angestammten Platz. Gerade repariert Carl Robra mit Lupe und Pinzette eine kleine goldene Taschenuhr. Wer mit wertvollen Stücken seiner Kunden hantiert, muss die Mechanik verstehen und ein ruhiges Händchen besitzen. „Ich halte jedes Mal ein Stück Geschichte in den Händen“, erklärt er ernst und ergänzt: „Man wird ja zum Glück auch immer besser und sicherer.“ Wenn die Uhren wieder ticken, bleiben diese immer noch ein paar Tage zur Beobachtung da. Man merkt, hier wird sich sehr respektvoll um die Lieblingsuhren der Kunden gekümmert.
Die Reparatur von Großuhren macht Carl Robra aber am meisten Spaß. Im Umkreis gibt es zum Glück einige, um die sie sich gemeinsam kümmern. „Ich möchte mein Wissen weiter vertiefen und viel praktische Erfahrung sammeln“, sagt er. Man spürt, hier in der Altmark ist er beruflich angekommen. Und wer weiß, wohin es Opa und Enkel demnächst verschlägt?
Von Anne-Kristin Gotot
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Uhren Haut
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